Einleitung -- Jenaer Forst -- Ausstellung -- Lobeda-West -- Göschwitz -- Saaleradweg Jena -- Deponie unter Schule -- Müllkippe NSG Jenzig -- Müllkippe nahe Steinkreuz
Ein kleiner Ausschnitt der Altlastenbereiche in Jena
In diesem Abschnitt werden in Videos und Begleittexten weitere Bereiche in Jena vorgestellt, die Altlasten oder zugewachsene bzw. überdeckte Müllkippen enthalten. Die meisten sind öffentlich nicht oder nur wenig bekannt. Manche liegen auch in Arealen, die als Naturschutzgebiete ausgewiesen sind oder in deren Randbereichen.
Viele weitere Altlasten sind im Thüringer Altlasten-Informationssystem erfasst. Dieses ist nicht öffentlich. Es sind darin über 10.000 Stellen eingetragen. Das Verzeichnis weist Lücken auf und es fehlen Einträge. mehrere tausend Müllkippen oder mit Abfällen verfüllte Gruben, Abbauorte oder Kiesteiche sind nicht eingetragen. Manche werden auch erst im Zuge von Bauverfahren entdeckt.
Auf der anderen Seite sind manche Einträge im positiven Sinne fehlerhaft und vor Ort lassen sich keine Altlasten im Sinne des Bodenschutzgesetzes feststellen. Man muss wissen, dass Müllkippen, verschmutzte Böden oder Bauschuttreste nicht als "Altlast" im Gesetzessinn bezeichnet werden.
Solche Areale mit unbekannten, zur Zeit inaktiven oder bekannten Ablagerungen aus Abfällen, asbesthaltigen Bauschutt und Siedlungsresten aller Art, oder auch ehemalige Versickerungs- oder Verbrennungsorte sind mehrfach im Areal bei Thalstein, im Steinbruch Göschwitz, an den ehemaligen Deponien und Müllkippen in Göschwitz, Lobeda-West (mind. 2), Lobeda-Ost (mind. 2), Jena-Ost, Jenaer Forst (mind. 4), Cospeda, Burgau, usw. Dazu kommen zahlreiche Ablagerungen, die von Luftbildern recherchierbar sind: rund um den Burgaupark, entlang der Saale an mehreren Stellen, usf. Ferner gibts es noch dutzende bis hunderte Abfalllöcher und Müllstellen in Jena, sowie eine Anzahl an im THALIS eingetragenen Altlasten in Form von belasteten Böden bei ehemaligen Industriestandorten.
NATUR, INDUSTRIEHALDE, MÜLLGRUBEN UND ASBEST
Der Jenaer Forst ist in den letzten Jahren viel gelobt worden ob seiner Natur und seinen Erholungsmöglichkeiten. In den Zeitungen wurden nur positive Naturbildern geschrieben. Dass dort noch Überreste von Barackenlagern (Wohn-, Arbeiter-, Kriegsgefangenenlager), Müllkippen dieser und der Kaserne liegen, oder dass der sanierte Bereich der Kaserne eine künstliche Landschaft ist, wo die Folie der Teiche alle Jahre erneuert werden muss, wird nicht erwähnt. Der Jenaer Forst war eine industriell und militärisch genutzte Fläche: Steinbrüche, Übungsareale, Deponien und Müllkippen machen dies deutlich.
DIE VERGESSENEN KIPPEN VON JENA
Der Begleitfilm zur Ausstellung im Grünen Haus Jena vom Sommer 2021 bis Sommer 2022.
In vielen Arealen um Jena in Thüringen liegen Müllkippen und Altlastenareale genau so, wie sie im 20. Jahrhundert entstanden. Die Ausstellung und der Film führen in den Jenaer Forst, auf den Windknollen beim Napoleonstein und auf den Jägerberg.
Herzlichen Dank an die Betreiber des Grünen Hauses, an Bündnis 90/Die Grünen, insbesondere Emily Röpke, Teresa Ertel, Katrin Hildebrand und Heiko Knopf, sowie auch an die untere Bodenschutzbehörde Jena für Ihre Hilfe bei den Recherchen.
Teil 1 --- 00:21 --- Führung durch die Ausstellung.
Teil 2 --- 00:25:00 --- Wie die Bilder entstanden sind. Über das Vergessen von Altlasten und Naturikonografie.
In medialen Erzeugnissen über Natur, Nachhaltigkeit und Umwelt geht es fast nie darum, dass unsere Landschaft voller alter Müllkippen und Deponien des 20. Jh. ist. Überall werden perfekte Naturbilder gezeigt, die sich in der Analyse als typisierte Abfolgen immergleicher Elemente zeigen: Blattgrün, Rindenbraun, Tiergesicht (wahlweise Luchs, Wildkatze, Wolf, aber auch Reh, Greifvogel, Singvogel, Eichhörnchen usf.) kommen zuerst, danach Weg, Himmelsblau und Menschenlachen. Das liegt größtenteils daran, dass Bilder, aber auch Narrative, heute von professionellen Mediengestaltern bearbeitet und ausgewählt werden. Viele Beschreibungen von Natur und Bilder nähern sich an ikonografische oder religöse Vorstellungen. Es existieren zahllose Hochglanzbroschüren und Plakate, Faltblätter und Bücher, dutzende Internetseiten und Zeitschriftenreihen, und für die "Nationalen Naturlandschaften" gibt es sogar ein Portal für die Bildauswahl. Gleichfalls macht man auch als Laie mit den gängigen Smartphones automatisch technisch aufbereitete und digital bearbeitete Fotografien, dass die Bilder leuchten. Namen von Naturräumen werden alle Generationen neu erfunden und beworben. Ob sie nun "Naturerbe", "Wildniswald" oder "Natura 2000" heißen: Naturräume bestehen in der Realität aus zahlreichen Altlasten, Müllkippen, Asbesthaufen, Gebieten mit Kampfmittelresten, gerade um alle größeren Städte. Und auch in Naturschutzgebieten finden sich viele Altlasten und Hinterlassenschaften, weil der Boden dadurch billig im Erwerb war und als Bauland ein hohes Risiko für kostenintensive Sanierungsmaßnahmen bestanden hätte. In Naturschutzbroschüren steht davon nichts. Altlasten werden in einer eigenen Liste geführt, die anderen erwähnten Dinge zählen lt. Gesetz nicht zu Altlasten. Die Liste ist nicht öffentlich. In Thüringen sind Stand 2020 immer noch 11.000 von um 1990 erfassten 17.000 Altlasten nicht bearbeitet. Auch von den 6.000 bearbeiteten sind viele Altlasten nur derzeit inaktiv, emittieren nichts in die Umgebung, und gelten damit als "saniert". Wie erwähnt, kommen auf diese Zahl noch tausende dazu: überwachsene Müllkippen, Asbesthaufen usw. Der Film bzw. die Ausstellung zeigt einen Ausschnitt dieser Realität im Raum der Stadt Jena.
ALTABLAGERUNGEN UND DEPONIERUNG IN LOBEDA-WEST
Im Bereich der Theobald-Renner-Straße und in der Nähe unter dem Sportplatz in Lobeda-West in Jena liegen Altlasten und Altablagerungen.
In den Folgebildern sieht man die Entstehung einer Kippe bzw. Deponie unter dem Sportplatz in Lobeda-West. Dort wurden seit den 1930er Jahren Dinge entsorgt, sogar in Steinbrüche, die dort angelegt waren, einer wurde umgangssprachlich "Scherbelbruch" genannt. D.h. das Gelände ist sogar noch abgeteuft gewesen, und die Menge des eingebrachten Materials ist nochmals größer, als man oberflächig ahnt. 1945 ist eine Kippe in Nutzung, die 1953 schon etwas bewachsen aussieht. Viele Jahre lang gibt es keine Luftbilder, bis 1982 dann Lobeda auf den Bildern schon entstanden ist. Die Kippe ist mittlerweile als Sportplatz umgenutzt, evtl. auch mit Erden angeglichen, und wohl mit einer abschließenden Schicht versehen, die Steinbrüche sind verschwunden. Aber nun ist bei der Theobald-Renner-Straße zu sehen, dass dort Ablagerungen, nur leicht zugewachsen, möglich sind. Das Digitale Geländemodell zeigt dann auch die Ablagerungen - unten im Bild. Hier im Film: https://www.youtube.com/watch?v=KXP1bA6rZuI
Die alte Stelle des Heizkraftwerkes ist auch ein Altlastenareal, da verschiedenste umwelt- und gesundheitsbedenktliche Stoffe im Boden sind. Meist passiert auf solchen Arealen nicht viel, oder sie werden als Naturschutzgebiet gewidmet, wenn sie zugewachsen sind.
Dies wird öffentlich nicht genannt, ist aber auch in anderen Fällen bekannt: Jena-Forst, Jägerberg mit "Wildniswald" usw. - es geht um positive Berichterstattung, die aber einseitig ist.
Das Umweltamt Jena kennt diese Stellen. Für die Öffentlichkeit ist es meist ein unangenehmes Thema und Altlasten werden i.d.R. nicht entfernt.




DIE 550-METER-DEPONIE/KIPPE IN GÖSCHWITZ
Hier ein paar Infos zum Raum Göschwitz, wo auch ein Naturschutzgebiet entstehen soll. Auf den Folgebildern sieht man den Entstehungsraum der Göschwitzer Deponie in den 1940er Jahren (sie ist mittlerweile so unbekannt, dass sie schon gar nicht im Stadtlexikon Jena, auch nicht die dutzenden anderen, erwähnt wird).
Damals gab es dann schon eine Müllhalde / Deponie, die gegenüber des heutigen Best-Western-Hotels begann und die bis in die 1980er bis an den Bahndamm ausgebaut wurde. Auf dem Geländemodell mit Geländedaten von 2014-2019 ist sie eingefärbt kenntlich gemacht. Sie gilt auch heute als Altlast, wohingegen das nördlichere Gelände in Richtung Brücke Winzerla-Burgau bald Naturschutzgebiet werden soll. Bis in zwei Metern Tiefe gab es dort Probebohrungen ohne gefährliche Substanzen, lt. Auskunft Umweltamt Jena 2020. Allerdings ist auf den Luftbildern der Zeit der 40er zu erkennen, dass dort unterhalb der heutigen Halde sogar Teiche und Ablagerungen der Göschwitzer Betriebe zu sehen sind. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass in noch größerer Tiefe bedenkliche Inhalte verkippt worden sein können. Auch wird bspw. auf einem Bild deutlich, dass jenseits der Gleise in Richtung Burgau auch eine Ablagerungsstätte entstanden war. Der Göschwitzer Bach, der damals in einer Röhre im Deponiekörper hindurchgeführt worden war, ist vom Umweltamt Jena schon in dem Sinne saniert worden, dass er um die Halde herum verlegt wurde.




DIE MÜLLKIPPEN AM SAALERADWEG IN JENA-OST
Neben dem Saaleradweg verläuft eine zugewachsene Hangkante, die dem Laien wie pure Natur vorkommt. Auf dem zweiten Blick sieht man an zwei Stellen Rohre von Probeentnahmestellen für Grundwasser. Auf den Luftbildern vergangener Jahre sieht man dann, dass das gesamte Areal ein Gebiet war, in dem Baustoffe u.a. gelagert wurde. Solche Areale waren für illegale oder geduldete Müllabladeaktionen prädestiniert. Man kann immer schon von über 90% Wahrscheinlichkeit ausgehen, dass man an zugewachsenen Rändern solcher Zonen auf heute überwachsene Müllhalden trifft. Denn diese wurden im Regelfall nicht entfernt.

















DIE DEPONIE UNTER DER SCHULE IN JENA-OST
Unter der Wenigenjenaer Schule und dem POM, sowie auch in anderen Bereichen sind im Untergrund durchschnittlich sechs Meter mächtige Ablagerungen im alten Saale-Flussarm, der seit den 1930er Jahren umgeleitet wurde. Das Flussbett wurde als Ablagerungsort aller möglichen Stoffe genutzt. Einige Zitate aus: "Bodenschutz-/Abfallrechtliche Untersuchung zukünftiger Schulstandort 'Jenzigweg' in Jena" vom 25.04.2013
"[...] in Form von Bauschutt, haus- und industriemüllartigen bfällen, Erdstoffen, Holz, Aschen, Schlacken und Brandschutt".
"Punktuell sind Schadstoffbelastungen durch Mineralölkohlenwasserstoffe und die Schwermetalle Arsen und Blei festzustellen."
"Die PAK sind nicht homogen im Auffüllungskörper verteilt und augenscheinlich mit dem Vorkommen von Schlacke, Asche und Asphaltaufbruch in der Auffüllung zu korrelieren."
Im ehemaligen Altarm des Flusses: "In diesen tieferen Auffüllungshorizonten [...] wurde bei den Sondierungen ein leichter bis deutlicher Teergeruch wahrgenommen und eine erhöhte PAK-Konzentration [...] nachgewiesen." Hier sind aber die erhöhten Konzentrationen "nicht an Aschen oder Schlacken gebunden."
Andere Bodenproben in der Nähe der PAK-belasteten Bohrkerne und zur Ermittlung einer Abgrenzung der Belastung lassen vermuten, "dass eine räumlich größerer, hoch schadstoffbelasteter Auffüllungsbereich vorliegt."
"Schadstoffeinträge durch verfüllte flüssige Stoffe [sind] nichts auszuschließen."
"Der unter der Auffüllung folgende natürliche Boden ist bereichsweise schadstoffbelastet."
"Mit den nachgewiesenen Schadstoffkonzentrationen ist eine unmittelbare Gefährdung der menschlichen Gesundheit im Wirkungspfad Boden-Mensch aufgrund eines direkten Zugangs zu Schadstoff gegeben."
DIE MÜLLKIPPE HINTER DEM BERGGASTHAUS JENZIG
Was am 28. November 2021 in einem Waldstück als eine auslaufende Müllkippe identifiziert wurde, direkt unterhalb des Jenzig, eines der sieben Wunder Jenas, war dann tatsächlich die alte - und manchmal wohl auch in jüngerer Zeit noch genutzte - Müllkippe des Berggasthauses. Sie misst in ihren Dimensionen oben vielleicht 40 Meter Breite, vielleicht auch mehr, liegt mal dichter und mal gestreuter im Hang, es gab wohl im Verlauf der Zeit unterschiedliche Einwurfstellen. Es ist auch noch nicht genau abgeschätzt, wie breit sie unten ist und ob an allen Hängen die Dinge bis ins Tal kullerten oder bis zur Hälfte darain liegen blieben. Oben hat sie an manchen Stellen einem halben oder über 1 Meter Mächtigkeit, vielleicht stellenweise auch mehr und woanders weniger. Man sieht es auf den Bildern an den Bäumen, dass der Abfall stellenweise sehr dick liegt. Im Sommer wird hier aufgrund der Blätter kaum was zu sehen sein. Oben am Hangbeginn sieht man noch eine größere Ablagerungskuppe, begrünt, die man gemeinhin sicher nicht als Müllablagerung ansprechen würde. Vielleicht besteht sie auch mehr aus Bauschutt. Der Hang jedenfalls ist vollständig mit Abfällen aller Art belegt. Es ist alles zu finden: Hausmüll, Sperrmüll, große und kleine Küchengeräte, Schuhe, Geschirr, Flaschen, Gläser, Plastikplanen und Gardinen, überhaupt Plastik in allen Ausformungen, Fässer, Dosen, Räder, Rollen, unbekannte Technikreste usw. usf. Auch unten im Tal ist auf ca. 50 Meter Breite, laut bisheriger Begehung, Abfall anzutreffen, dann mehr punktuell, aber doch auch gleichmäßig überall verteilt, wenn man im Gestrüpp und dem regelmäßig geschnittenen Strauchwerk unter der Stromleitung und am Wanderweg nachsieht.










